Die Branche muss zusammenrücken
Werner Landstorfer, Geschäftsführer bei Securitas Süd, kandidiert für das Präsidentenamt im BDSW und setzt sich für ein besseres Image der privaten Sicherheitsbranche sowie mehr Dialog mit Politik und Öffentlichkeit ein. Sein zentrales Ziel: Die Branche muss enger zusammenrücken, um gemeinsam moderne Strukturen, attraktive Arbeitsbedingungen und gesellschaftliche Anerkennung zu erreichen.

Werner Landstorfer
Werner Landstorfer ist seit 1994 in der privaten Sicherheitsbranche tätig und seit September 2016 Geschäftsführer für den südlichen Bereich bei der Securitas. Im Interview mit Peter Niggl sprach er über seine Bewerbung für das Amt des Präsidenten des BDSW und über seine Impulse für die Zukunft der Branche.
Herr Landstorfer, bei der demnächst stattfindenden Jahreshauptversammlung des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft soll auch ein neuer Präsident gewählt werden. Sie haben hierfür bereits Ihren Hut in den Ring geworfen. Ihre Agenda liegt als Impulspapier vor und hat ambitionierte Punkte. Ich greife einen heraus, bei dem ich meine, dass Sie durchaus dicke Bretter bohren wollen: Das Ansehen der Branche in der Öffentlichkeit.
Image ist für mich einer der zentralen Punkte über die ich seit über 30 Jahren hier in der Branche stolpere. Wenn man etwas über unsere Branche liest, dann ist es in 99 von 100 Fällen negativ. Ich habe mir vorgenommen: Rede über die Mängel in unserer Branche, vor allem aber auch: Rede über das, was gut läuft! Denn wir leisten an vielen Punkt herausragende Dienste. Ich nenne als Beispiel die Fußball-Europameisterschaft im vergangenen Jahr. Bei der Durchsicht der Presse finde ich den Vorfall des Stadion-Kletterers von Dortmund, aber nichts darüber, dass tausende unserer Mitarbeiter Tag und Nacht für den reibungslosen Ablauf der EM garantiert haben. Ohne sie wäre dieses sportliche Großturnier gar nicht möglich gewesen. Deshalb habe ich bereits begonnen Podcasts und Videos zu veröffentlichen, um die positiven Seiten der Branche deutlich machen. Unsere Branche muss wahrgenommen werden. Dazu ist es nötig, alle der heute zur Verfügung stehenden Medien zu nutzen.
Sie wollen gegen das uralte Prinzip der Medien „Only bad news are good news“ ankämpfen?
Dieses Prinzip lässt sich sicher nicht von heute auf morgen ändern, aber wir müssen unsererseits den Umgang damit überdenken. Als Präsident des Branchenverbandes wäre es für mich unerlässlich, sich auch bei negativen Vorfällen der Öffentlichkeit zu stellen und klar zu positionieren. Ich muss sagen, ich nehme so etwas heute noch nicht wahr und Kollegen von mir, mit denen ich gesprochen habe, ebenfalls nicht.
Kann ich das so verstehen, dass sie auch mal mit Politikern die Klinge kreuzen werden?
Ich würde es besser finden, wenn man sich mit diesen Leuten schon einmal zusammensetzen kann. Das findet ja heute noch nicht statt. Das zumindest ist meine persönliche Wahrnehmung. Wir – und damit meine ich den BDSW – haben kein mir bekanntes Netzwerk in die Politik. Ich habe auch noch nicht gehört, dass wir uns mit der Politik „fetzen“ würden, denn wir sprechen ja gar nicht. Und wenn wir sprechen, würde ich gerne mal wissen mit wem gesprochen wird. Ich bin ein Freund von direkten persönlichen Gesprächen. Ich habe mir zur Aufgabe gemacht, vom ersten Tag an mit den Verantwortlichen in der Politik in den Dialog zu kommen. Dazu gehört für mich auch, dass ich das schöne München ein Stück weit verlasse und meinen Zweitwohnsitz in Berlin nutze, um nah am Geschehen zu sein.
Was wird dann Thema bei solchen Gesprächen sein?
Ein wichtiger Gesprächspunkt wird auf jeden Fall das Sicherheitsgewerbegesetz sein. Wir sind absolut für dieses Gesetz, wir haben es mit initiiert. Aber so wie es derzeit im Entwurf vorliegt, dürfen wir es nicht auf den Weg bringen. In den Landesgruppen gibt es Gespräche mit der Politik. Ich will nicht sagen auf Augenhöhe, aber es findet ein Austausch statt. Was uns leider noch nicht gelingt, ist, dass wir gemeinsam etwas bewegen.
Sehen Sie neue Geschäftsfelder für die Branche?
Aktuell steuern wir auf eine gesamte Mitarbeiterzahl in der Branche von 300.000 Beschäftigten zu. Jeder weiß, die Polizei hat bundesweit keine 300.000 Beamte. Man kann – und ich denke man muss – die Frage der hoheitlichen Aufgaben ansprechen. Da fallen mir zum Beispiel Sicherheitsaufgaben an den Flughäfen ein, die von der Bundespolizei wahrgenommen werden müssen, aber man kann auch ganz offen über das Thema Parkraumbewirtschaftung sprechen. Es wird eine der wichtigsten Aufgaben der nahen Zukunft sein, gewisse Leute zu überzeugen, dass wir im Miteinander besser fahren, als uns mit hoheitlichen Aufgaben in die Quere zu kommen. Das sollen Gerichte klären, was hier zulässig ist und was nicht. Aber ich bleibe dabei: Es ist für uns ganz wesentlich, dass wir die Themen eindeutig kommunizieren, die wir bereit sind zu übernehmen. Flüchtlingseinrichtungen sind ein Thema das in diesem Zusammenhang genannt werden muss. Wie weit können wir uns in Zukunft aus dem Fenster lehnen und sagen was sind die Aufgaben der privaten Sicherheit und was sind hoheitliche Aufgaben? Und wie weit ist die Polizei bereit, Aufgaben abzugeben?
Ein Beispiel, die Stadionsicherheit, kann hier vielleicht noch angefügt werden. Durch das Urteil von Bremen, bei dem klargestellt wurde, dass der Veranstalter von Fußballspielen für den Polizeieinsatz zur Kasse gebeten werden kann, ist auch auf diesem Sektor eine veränderte Ausgangslage entstanden. Die Frage ist neu zu bewerten: Muss wirklich die Polizei im Stadion für die Sicherheit sorgen? Meiner Meinung nach: Nein! Das kann die private Sicherheitswirtschaft jederzeit leisten.
Hier kommen wir mit Sicherheit auf ein ganz diffiziles Thema, die Attraktivität der Branche für die Gewinnung neuer Mitarbeiter. Wie werden Sie dieses komplizierte Feld beackern?
Auf diesem Gebiet werden wir uns in der Öffentlichkeit ein Stück anders präsentieren müssen, um dieses Thema auch für die Öffentlichkeit moderner und attraktiver darzustellen. Ein springender Punkt werden immer die Schichtarbeitszeiten sein. Ist es attraktiv an den Weihnachtsfeiertagen, zu Ostern, nachts und feiertags zu arbeiten? Reden wir über Feuerwehrleute oder Krankenschwestern, für die es selbstverständlich ist zu diesen „unattraktiven“ Zeiten zu arbeiten? Auch wir brauchen zu diesen Arbeitszeiten die Mitarbeiter. Erschwerend kommt für uns jedoch hinzu, dass wir aufgrund des Mitarbeitermangels die Arbeitszeitmodelle, wie sie für Krankenschwestern oder Feuerwehrleute oder andere in den Berufen angeboten werden, gar nicht anbieten können. Wir brauchen mehr Mitarbeiter, um unsere Arbeitszeitmodelle attraktiver gestalten können und wir müssen attraktiver werden um junge Menschen für die Arbeit im privaten Sicherheitsgewerbe zu begeistern, dann können wir über Arbeitszeitmodelle sprechen.
Wie soll das erreicht werden?
Durch ein positives Image in der Öffentlichkeit, wie auch durch attraktive Lohnmodelle und das was gemeinhin als Work-Life-Balance verstanden wird. Dazu kann ich aber nur sagen, da werden wir alle – nicht nur bei uns im Verband – sondern alle in der Branche zusammenrücken müssen. Da führt nichts an der Einsicht vorbei, dass man diesen Weg mit unserem Verband gemeinsam gehen muss. Mein Wunsch wäre es, dass wir alle von unseren persönlichen Interessen ein Stück weit abrücken und mehr die gemeinsame Sache ins Auge fassen. Ich betone es gegenüber Vertretern von allen Unternehmen unserer Branche, egal ob es große globale Player oder kleine und mittelständische Unternehmen sind. Dazu habe ich bei meiner Rundreise durch Deutschland in den letzten Wochen und Monaten auch eine ganze Reihe von Gesprächen, die zum Teil sehr positiv verliefen, führen können. Natürlich muss man berücksichtigen, jedes Unternehmen hat eine andere Auftragslage und verschiedene Kundenklientel. Aber ohne die gemeinsame Anstrengung werden wir auf diesem Gebiet nicht zu unserem gewünschten Ergebnis kommen.
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Peter Niggl
Peter Niggl, Journalist und Chefredakteur der Fachzeitschrift Security Insight